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KlnZSoziol(2012)64:507534 dOI10.1007/s11577-012-0178-1
AbhAndlungen
GlserneDeckeodergoldenerKg: ScheitertderAufstiegvonFraueninerste Managementpositionenanbetrieblicher DiskriminierungoderanfamilirenPichten?
Zusammenfassung: Auf empirischer basis des hIS-Absolventenpanel 1997 werden in diesem beitragkonkurrierendeerklrungenfrdieunterreprsentierungvonFraueninerstenManage-mentpositionengetestet.dievonvielenorganisationssoziologischenStudienbenanntenMechanismenhomophilie,allokativeundstatistischediskriminierunghabenindervorliegendenStudie keineerklrkraftfrdasZustandekommenvongeschlechterungleichheit.dergendergapwird hingegen vollstndig durch zwei auerbetriebliche Faktoren erklrt: neben der Selbstselektion von Frauen und Mnnern in verschiedene Studiengnge erklren die geschlechtsspezischen FolgeneinerFamiliengrndungdenhauptanteil.unsereResultatezeigen,dassMutterschaftfr FrauenmiteinerknappenhalbierungderWahrscheinlichkeitassoziiertist,zehnJahrenachdem examen eine erste Managementposition inne zu haben. Wir argumentieren, dass FamilienpolitikunddieVerfgbarkeitvonKinderbetreuungspltzendiegredesmothergapmoderiert. entsprechenderweistsichdieserbeierstenManagementpositionenindenneuenbundeslndern kleineralsindenalten.
Schlsselwrter: glsernedeckegeschlechterungleichheitMttererwerbsttigkeit ManagementkarrierendiskriminierungFamilienpolitikRegressionsanalyse
Glassceilingorgoldencage:Isdiscriminationintheworkplaceorduties inthefamilypreventingwomenfrompromotiontoearlymanagement positions?
Abstract: usingdatafromthehIS-graduatePanel1997,thisanalysisscrutinizescompetingexplanationsforthegendergapinattainmentofrstmanagementpositions.homophily,allocative andstatisticaldiscriminationascausalmechanismswhichstudieswithafocusonorganizations emphasize,inthisanalysisexertnoexplanatorypowerforgenderinequality.Twonon-organizationalfactorsherefullyaccountforthegendergap.besideswomensandmensself-selection
VSVerlagfrSozialwissenschaften2012
F.Ochsenfeld()
Institutfrgesellschafts-undPolitikanalyse,goethe-universittFrankfurta.M., RobertMayer-Str.5,60054Frankfurta.M.,deutschland e-Mail:ochsenfeld@soz.uni-frankfurt.de
FabianOchsenfeld
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into different elds of study, the gender-specic consequences of family formation explain the majorpartofthegap.Ourndingsshowthatmotherhoodnearlyreducestheprobabilitybyhalf forawomantoholdamanagementpositiontenyearsaftergraduationfromuniversity.Weargue thatfamilypolicyandtheavailabilityofchildcareservicesmoderatethesizeofthemothergap. Inlinewiththisreasoning,ourresultsshowthatthemothergapinearlymanagementpositions issmallerineast-germanstatesthaninWest-germanstates.
Keywords: glassceilinggendergapMothergapManagementcareersdiscrimination FamilypolicyRegressionanalysis
1 Einleitung
dass Frauen im Arbeitsmarkt gegenber Mnnern benachteiligt sind, ist eine lange bekannteunddurchsoziologischeForschunghugbesttigteTatsache(Marini1989; goldin1994;englandundFolbre2005;gartnerundhinz2009).besondersdrastisch stelltsichdiegeschlechterungleichheitanderSpitzederVerteilungvonMachtundeinkommendar:leitungspositionen,diemitPersonal-undbudgetverantwortungausgestattetsind,werdenauchindeutschlandberwiegendvonMnnernbekleidet(holst2006, 2009;Kleinertetal.2007).neuisthingegendiepolitischebewertungdieserTatsachen. InsbesonderediemassiveunterreprsentierungvonFrauenimManagementhatimvergangenen Jahrzehnt an gesellschaftlicher legitimitt eingebt und es wird vermehrt nachManahmenzuihrernivellierunggesucht.dieffentlichediskussionrichtetesich zuletztvorwiegendaufdenVorschlagzureinfhrungeinergesetzlichenFrauenquote frFhrungspositionenderPrivatwirtschaft.dasZieldiesererwogenenManahmeist die beseitigung organisationskultureller und mikropolitischer hrden, um die unterreprsentierungvon Frauen bei Positionen mit hohen einkommen und Organisationsmachtzuberwinden.derFrauenquotealslsungsansatzliegtsomiteinspezisches VerstndnisvondenursachenderungleichheitzwischenhochqualiziertenMnnern undFrauenzugrunde.esistbestimmtvonderAnnahme,vorallembetrieblicheFaktoren wieRekrutierungs-undbefrderungsmuster,benachteiligungdurchVorgesetzeunddie beharrungstendenzenmnnlichdominierternetzwerkehindertenFrauenamAufstieg. dieseVorstellungkommtauchimmittlerweilepopulrenbegriffderglsernen Decke zumAusdruck(vgl.baxterundWright2000;Cotteretal.2001).dieseRahmungderProblematikfolgtinihrerAusrichtungderorganisationssoziologischorientiertenungleichheitsforschung,diedenbetriebalsmageblichesSchichtungsregimebetont(baronund bielby1980).der vorliegende beitrag untersucht, inwiefern die Fokussierung auf betriebliche Faktoren fr deutschland problemadquat ist. Zweifel daran begrnden Theorien der ungleichheitsforschung,dieanStellederbetriebedenWohlfahrtsstaatalsmagebliches SchichtungsregimebehauptenundfolglichdieAufmerksamkeitaufdieAusgestaltung dessozialpolitischenRahmenslenken(esping-Andersen1990,S.5578).derbundesrepublikanischen Familienpolitik attestieren international vergleichende Studien einen familiaristisch-konservativenCharakter,dasieaufeinetraditionellepartnerschaftliche Arbeitsteilungzwischendengeschlechternabzielt,insbesonderenachdergeburteines Kindes(leitner2003;hofmeisteretal.2006;Aisenbreyetal.2009;Anderssonetal.
glsernedeckeodergoldenerKg
2009;esping-Andersen2009).VerschiedenesozialpolitischeManahmensetzenFrauen indeutschlandstarkeAnreize,aufdiegeburteinesKindeseinelangeerwerbsunterbrechungfolgenzulassenundauchnachWiedereintrittindenArbeitsmarktaufeine Vollzeitbeschftigungzuverzichten.ImFolgendenwirdanhandderlebensverlufevon hochschulabsolventenindenerstenzehnJahrennachdemexamenuntersucht,inwieweit dergestaltanreizkonformesVerhaltenzurunterreprsentierungvonFrauenbeitrgtund wieschwerdieserAspektgegenberdenbetrieblichenFaktorenwiegt.der deutsche Fall eignet sich zur berprfung der behaupteten bedeutung wohlfahrtsstaatlicherAnreizeinbesonderemMae,dadieVerfgbarkeitffentlicherKinder-betreuungsangeboteaushistorischengrndeninOstdeutschlanddeutlichhheristals inWestdeutschland.dieseminstitutionellenFaktorwirdinderAnalysebesondereAufmerksamkeitgeschenkt.ZudemwerdenFolgengeschlechterrollenkonformenVerhaltens beiderStudienfachwahlfrdieKarriereuntersucht.eine empirischeAnalyse organisationssoziologischer diskriminierungstheorien visa-vis sozialpolitisch orientierterAnstze zur erklrung des geschlechtergeflles beim erreichenvonManagementpositionenstehtbislangnochaus.Siewirdhieraufbasisder hIS-AbsolventenstudiefrdenJahrgang1997durchgefhrt.MitdemVorliegenderdrittenerhebungswellehltdieseerstmalsInformationenbiszehnJahrenachdemexamen bereitunderffnetdamiteineneueMglichkeitzurAnalysevonlebensverlufen,diein ersteManagementpositionenfhren.gegenstandderuntersuchungistsomiteinefrhe Karrierephase.Rckschlsseausunserenbefundenknnenfolglichnurfrdielsung desalsundichte PipelinebekanntgewordeneProblemgezogenwerden.derAufstiegins absoluteTopmanagemententziehtsichhingegenaufgrunddeslimitiertenbeobachtungszeitraumsdervorliegendenStudie.
InAbschn.2 werden zunchst die konkurrierenden theoretischen erklrungen vorgestellt,nachhypothesenbefragt,undempirischebefunderekapituliert.InAbschn.3 werdendieverwendetendatenundihreOperationalisierungbeschriebenunddasmethodischeVorgehendiskutiert.ImergebnisabschnittwirddiebivariateMerkmalsverteilung betrachtet,umAusstattungsdifferenzenzwischenFrauenundMnnernzuidentizieren. IngenestetenModellenwerdendannmittelslogistischerRegressiondieeinussstrken dertheoretischbegrndetenFaktorenuntersucht,umaufdasrelativeerklrungspotenzial der betrieblichen und berbetrieblichen Faktoren zu schlieen. In separaten Modellen werdenOst-West-unterschiededeseinussesvonMutterschaftaufdieAufstiegswahrscheinlichkeitunddieArbeitszeituntersucht.derAufsatzschlietmiteinerZusammenfassungunddiskussionderergebnisse(Abschn.4).
2 DieUnterreprsentierungvonFraueninManagementpositionen:TheoretischeErklrungenundempirischeBefunde
Karrieren sind eingebettet in sich berlagernde soziale Kontexte.Vereinfachend kann man zwischen betrieblichen und auerbetrieblichen Zusammenhngen unterscheiden. die bedeutung des betrieblichen Kontexts unterstreichen organisationssoziologisch orientierte ungleichheitsforscher, ausgehend vom bedeutungsgewinn groer, brokratischorganisierterunternehmensformenseitdemspten19.Jahrhundert(Kocka1981;
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Chandler 1990). Seither sei beruich-sozialerAufstieg entscheidend vermittelt durch dieFormalstrukturvonOrganisationen,sodasseinVerstndnisvonArbeitsmarktprozessennotwendigdieorganisationsinternenVorgngezubercksichtigenhabe(baronund bielby1980).AuchbeiderAnalysedergeschlechterungleichheitlegensieihrhauptaugenmerkaufdenbetriebalsdasbeimZustandekommendergeschlechterungleichheit mageblicheSchichtungsregime(Steinbacketal.2010).ein zweiter Strang soziologischer Forschung und Theoriebildung erklrt die geschlechterunterschiedeimKarriereprozesshingegenalsFolgedesgesellschaftspolitisch gestalteten institutionellen Kontexts, der bestimmt, inwiefern Karriere und Kind sichfrFrauenalseineOptionoderalszweiAlternativendarstellen.hierflltdemWohlfahrtsstaatalsSchichtungsregime eigener ArtdieentscheidendeRollebeidererzeugung dergeschlechterungleichheitimArbeitslebenzu(esping-Andersen1990;Orloff1993). WhrendorganisationssoziologischeAnstzeeinebenachteiligungallerFrauenerwarten lassen,istdergendergapwohlfahrtsstaatlichorientiertenTheorienzufolgeinerster linieeinmothergap.
2.1 glsernedecke:derbetriebalsmageblichesSchichtungsregime
diedirektesteFormderbetrieblichenbenachteiligungvonFrauenbeschreibendiskriminierungstheorien.Sienehmenan,dassFrauenunmittelbaraufgrundihresgeschlechts beiRekrutierungs-undbefrderungsentscheidungenbenachteiligtwerden.dieTheorie statistischerdiskriminierungnimmteininformationskonomischesProblemzumAusgangspunktihrererklrungdieserbenachteiligung.beidereinstellungneuerArbeitskrfteundderbefrderungvonAngestelltenaufattraktiveStellenbesitztderArbeitgeber oderVorgesetztekeineperfekteInformationberdiewahreneigenschaftenderKandidatenundistsomitfreineeinschtzungdereignungunddesgrenznutzensderKandidaten aufuereZeichenangewiesen.eineeigenschaft,diefrArbeitgeberbeiderbesetzung vonleitungspositioneneinebesondereRollespielt,istdieAusfallwahrscheinlichkeitder Kandidaten.dasgeschlechtwirddannalsuererIndikatorderWahrscheinlichkeiteines AusfallsoderWechselsherangezogen,sodieTheoriestatistischerdiskriminierung(AignerundCain1977;Arrow1998,S.96f.).dieAnwendungdieserStrategiekannmarginaletatschlicheunterschiedeinderAusfallwahrscheinlichkeitzugroenunterschieden beiderVerteilungattraktiverStellensteigern(AignerundCain1977).
AndereTheorienteilennichtdieAnnahme,diskriminierungseieinerationalelsung freininformationskonomischesProblem(bielbyundbaron1986).Siekonzipieren diskriminierungstattdessenschlichtalsPrferenzvonArbeitgebern,frderenbefriedigungjedochlangfristigeinWettbewerbsnachteilhingenommenwerdenmuss(becker 1957).AusbeidenVariantenderdiskriminierungstheorieleitetsichaberdieselbeVorhersageab:beigleicherAusstattungmithumankapitalundgleichenleistungenwerden MnnergegenberFrauenbevorzugt.Castilla(2008)weistbeieinemamerikanischen grounternehmennach,dassauchinvermeintlichmeritokratischenSystemenderleistungsbeurteilungVorgesetztedazuneigenknnen,beigleichenleistungenFrauenund Minderheitenschlechterzubewerten.WolfundFligstein(1979)konstatieren,dassbefrderungenfrMnnerhugeralsfrFrauenmitderbernahmevonPersonal-undRessourcenverantwortungverbundensind.
glsernedeckeodergoldenerKg
eineunmittelbarebenachteiligungvonFrauenbehauptenauchnetzwerktheorien.Sie folgenderAnnahme,dasspersnlichebeziehungeneinmageblicherFaktorfrberuflichesFortkommensind(granovetter1985)undargumentieren,dassaufhohenhierarchieebenenMnnerbndebestehen,dieFrauenamAufstieginManagementpositionen hindern.derMechanismuskannsichbewusstvollziehen,etwawennmnnlicheManager ihrebeziehungendazueinsetzen,KonkurrentinnenvomInformationsussimnetzwerk auszuschlieenoderunbewusst,wennsichinformellinderartigennetzwerkenspezisch mnnliche Vorstellungen vom richtigen Fhrungsstil durchsetzen. In beiden Fllen behinderthomophilieFrauenamAufstieginManagementposten(Ibarra1992;Kanter 1977;elliottundSmith2004;ReskinundMcbrier2000).dieAufstiegswahrscheinlichkeit in Managementpositionen steigt fr Frauen folglich, wenn bereits andere Frauen hohePositioneninderOrganisationeinnehmen(Cohenetal.1998;hultinundSzulkin 2003;dobbinundKalev2007),daFrauenerstabeinerkritischengruppengrebegin-nenknnen,eigenenetzwerkezubilden(ely1994).diskriminierungs-undnetzwerktheorienlassensomitallesamteinennachteilerwarten,derFrauenunmittelbaraufgrund ihresgeschlechtsentsteht,wenndieTheorienauchverschiedenesozialeMechanismen alsursachedieseseffektsidentizieren.
H1: das weibliche geschlecht verringert ceteris paribus dieWahrscheinlichkeit, eineManagementpositionzuerreichen.
Im gegensatz zu den diskriminierungstheorien, die einen...