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"Nun mehr sind Sie [...] ein preußischer Unterthan"1-am 26. März 1762 kann Moses Mendelssohn, dem damit das Niederlassungsrecht in Berlin gewährt worden ist, diese amtliche Erklärung in einem Brief an seine Braut Fromet Gugenheim zitieren. Für Mendelssohn, in dem Alexander Altmann den Archetypus des modernen deutschen Juden erkennt2, hat sich die Frage seiner Zugehörigkeit zu einer deutschen Nation nicht nur im Hinblick auf ihre Sprache und Dichtung oder die Leibniz und Wolff verdankte "Weltweisheit" gestellt, sondern zunächst als Frage seiner rechtlichen Situation im Staat des Absolutismus. Sie war bestimmt durch das preußische "Judenrecht" 3, vor allem die Reglements von 1730 und 1750. Das letztere teilte die jüdischen Untertanen in sechs Klassen mit unterschiedlichem Rechtsstatus ein4: Nur wenige genossen als Generalprivilegierte im wirtschaftlichen Bereich Rechtsgleichheit mit Kaufleuten christlicher Konfession. Die "ordentlichen Vergleiteten", eine zweite Gruppe, waren mit einem Schutzprivileg versehen und konnten dieses auf ihre Kinder übertragen. Die außerordentlichen Schutzjuden hingegen hatten dieses Recht der erblichen Weitergabe nicht. Mendelssohn gehörte zunächst zu dieser dritten Gruppe der unvergleiteten, nur geduldeten Juden: Nur weil der Seidenwarenfabrikant Isaak Bernhard, bei dem er beschäftigt war, als ordentlicher Schutzjude für ihn bürgte, war es ihm erlaubt, sich in Berlin aufzuhalten. Nachdem er sich im Vorfeld seiner Heirat selbst um rechtliche Anerkennung als Schutzjude bemüht hatte, wurde ihm das entsprechende Privilegium durch eine Kabinettsorder vom 24. Oktober 1763 gewährt5; abgeschlagen wurde ihm allerdings die Bitte, es auf seine Nachkommen auszudehnen.
Strategien
Juristische Probleme blieben nicht im lebensgeschichtlichen Hintergrund seiner Philosophie, sondern wurden ihr zum Gegenstand: Wenige Tage bevor er sich im zitierten Brautbrief zu den Pflichten eines preußischen Untertanen-ironisch-bekennt, erklärt Mendelssohn im 223. Literaturbrief vom 18. März 1762 seine Überzeugung, die "philosophische Sittenlehre" einschließlich der "Wissenschaft der Gesetze" sei der einzige Weg, auf dem der "Weltweis[e]", der "im Verborgenen" arbeitet und von der Regierung des Staates "allzu sehr entfernt" ist, doch Einfluß nehmen könne auf die Politik, wenn seine Gedanken "bis in das Herz eines großen Regenten, bis in das Cabinet eines tugendhaften Staatsraths"6 dringen. Auch hier folgt er Christian Wolff, der in seiner "Deutschen Politik" den Philosophen als indirekten Gesetzgeber vorgestellt hatte: Da es der Obrigkeit an vernünftiger Einsicht fehle, "müssen die Gesetze von Personen aufgesetzet werden, die genügsame Erkäntniß dazu haben und nach diesem dem Oberen übergeben werden, daß er...