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Neophilologus (2012) 96:167184 DOI 10.1007/s11061-011-9287-8
Hans Carl Finsen
Published online: 13 August 2011 Springer Science+Business Media B.V. 2011
Abstract Considering the immensity and ubiquity of the persistent demand for narratives, any narratology must deal with the reasons for this obvious attractiveness. In this paper, the appeals of the narrative genre are studied from the view-point of the reader. I argue that the aspect of ction, inherent in any narrative, has the potential for turning readers cognition and emotionality into a special and delightful experience feeding on the very difference between the ctiveness of narration and the reality of life. Thus questioning the emphasis of cognitive narratology on the integration of narrative into universal cognizing dispositions, I take up the discussion with the basic tenets of the cognitive approach to narration.
Keywords Narratology Attractivness of narrative Real and ctive worlds
,,Die Menge der Erzahlungen ist unberschaubar, so der erste Satz in Roland Barthes ,,Einfhrung in die strukturale Analyse von Erzahlungen (Barthes 1988, 102). Diese pauschale Feststellung wird anschliebend erweitert und aufgefachert: ,,Da ist zunachst eine Vielfalt von Gattungen, die wieder auf verschiedene Substanzen verteilt sind, als ob dem Menschen jedes Material geeignet erschiene, ihm seine Erzahlungen anzuvertrauen (Barthes 1988, 102), und so mgen sich die Erzahlungen im Medium Film, Roman, Drama, Comic usw. materialisieren. Abgeschlossen werden die einleitenden Beobachtungen durch das bilanzierende Statement: ,,Die Erzahlung schert sich nicht um gute oder schlechte Literatur: sie ist international, transhistorisch, transkulturell, und damit einfach da, so wie das Leben (Barthes 1988, 102).
H. C. Finsen (&)
German Department, Faculty of Arts, University of Aarhus,Jens Chr. Skous Vej, Building 1481-85, 8000 Aarhus C, Denmark e-mail: [email protected]
Die Attraktivitat der Erzahlung.berlegungen zum Appellpotential narrativer Kombinatorik
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Bei diesem Befund drangt sich die Frage nach der Attraktivitat der Gattung fast wie von selbst auf: Warum sind Erzahlungen dermaben beliebt und verbreitet?
Dieser Frage werde ich mich im Folgenden zuwenden. Zunachst bedarf es jedoch gegenber Roland Barthes einer prazisierenden Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes, denn Attraktivitat scheint nicht ein Attribut jeglicher Erzahlung zu sein, was sich durch den Hinweis auf eine Literaturdebatte der neunziger Jahre veranschaulichen lasst.
Anfang der neunziger Jahre entbrannte unter den Literaturkritikern ein Streit ber den Status der jungen deutschen Literatur.1 Bereits am Beginn der Debatte sorgte schon...